Pelle
Pelle – eine traurige Geschichte mit Happy End
Zu Beginn des Jahres machte unter Tierfreunden ein Hilferuf die Runde. Danach gab es in einem rumänischen Tierheim einen Hund, der dringend Hilfe bräuchte, da er sehr Schlimmes erfahren hätte. Allerdings würde es nicht einfach sein, für ihn einen Platz zu finden, weil er extrem ängstlich wäre. Mit diesem Bild, das mir sehr zu Herzen ging, wurde er vorgestellt:
Wie Tausende anderer Hunde, wurde Pelle – so hieß dieses Häufchen Elend – von den städtischen Hundefängern auf brutale Weise eingefangen und nach Botosani in die öffentliche Auffangstation für Straßenhunde gebracht, wo er mit den anderen Hunden eingepfercht „leben“ sollte. Im Durchschnitt befinden sich in einem solchen Shelter ca. 1000 Hunde, und wenn es keinen Platz mehr gibt, droht man, sie zu töten. Viele Hunde sterben durch Beißereien, an Krankheiten, erfrieren oder verhungern und verdursten. Oder aber, sie werden tatsächlich auf bestialische Art und Weise ermordet. So wurde Pelle von anderen Hunden beim Kampf ums Futter attackiert und regelrecht zusammen gebissen. Die Hundefänger, die sich auch um die Hunde kümmern sollen und dafür Geld bekommen, interessieren die Hunde nicht mehr, wenn sie einmal in Gefangenschaft sind. Großartige Tierschützer vor Ort bitten jedoch unermüdlich jeden Tag um die Erlaubnis für ein paar Stunden bei den Hunden, um sie dann zu füttern. Dabei entdeckten sie Pelle. Er war so schwer verletzt, dass sie zunächst dachten, er sei tot. Sie holten ihn aus dem Zwinger und brachten ihn zum Tierarzt.
Pelle hatte nun noch mehr Angst und machte sich ganz klein. Als ich Bilder von ihm sah, dachte ich, er hätte die Größe eines Jack Russel-Terriers.
Er versteckte sich nur noch in seiner Hütte, aus der er sich nicht mehr heraus traute. Alle paar Tage
warfen die Tierschützer Futter hinein, aber Pelle magerte immer mehr ab. Es war klar, er wollte nicht mehr leben, man hatte ihm alles genommen.
Seit dem Hundemassaker in Rumänien im letzten Jahr haben wir eigentlich keine Kapa-zitäten mehr für weitere Gnadenhof-Hunde, denn dadurch ist es schwierig geworden, Hunde aus deutschen Tierheimen zu vermitteln. Ich kann gut verstehen, dass man sich hier sagt, Hunde in unseren Tierheimen leben wie im Paradies verglichen mit der Lage in Rumänien oder ähnlichen Ländern. Aber jeder freie Platz bedeutet eine Chance für einen anderen, bedauernswerten Hund. So beschloss ich trotzdem, Pelle bei uns aufzunehmen.
Die wochenlangen Vorbereitungen für Pelles Ausreise wurden eingeleitet, und ich hoffte, dass er bis dahin überleben würde. Das tat er, aber kurz vor der Abreise erreichte mich die Info, dass Pelle bei Berührung beißen würde und die Frage: Nimmst du ihn trotzdem????
Natürlich war das für mich keine Frage, denn es war klar, dass er dieses Verhalten nur zeigte, um sich die Menschen vom Leib zu halten, die ihn zu dem gemacht hatten, was er war. Er biss nicht aus Bösartigkeit.
Auch die Fahrt zu uns ging nicht ohne Probleme ab, weil der Transporter mit den Hunden unterwegs den Geist auf gab. Aber zum Glück halfen freundliche Menschen, den Weg fortzusetzen.
Es war schlimm, zu sehen, dass selbst nach Monaten Pelles Wunden noch nicht verheilt waren, und er zeigte sich sehr misstrauisch, als ob er sagen wollte: Was willst nun DU von mir? Habt Ihr mir nicht das Leben zur Hölle gemacht?
Ich lebte einst als freier Hund und hab mich durch geschlagen, bis man mich mit der Fangstange fast zu Tode gewürgt hat.
Um erst einmal zur Ruhe zu kommen, bekam Pelle unser kleines Hundehaus für sich alleine. Dort versteckte er sich anfangs, aber schon bald lief er nicht mehr weg, wenn ich mich ihm näherte. Mehrmals täglich bekam er kleine Portionen Futter, die ihm sichtlich schmeckten, sobald ich außer Reichweite war. Nach der ersten Dusche sah er richtig hübsch aus, das bräunliche Fell war in Wirklichkeit weiß! Seine Wunden verheilten und das Fell wuchs. Aus dem anfangs Jack Russel-Ähnlichen wurde ein stattlicher Hund.
Es kam der Tag, an dem er in die Hundegruppe integriert werden sollte. Er zeigtekeine Angst vor den Hunden, und wurde von der Gruppe schnell akzeptiert. Durch die wenige Bewegung in der Hütte waren seine Glieder steif, so dass es ihm zunächst schwer fiel, sich zu bewegen. Immer suchte er sich Ecken, um sich zu verstecken, aber vom Hausaus konnte ich beobachten,wie er sich dann neugierig hervor wagte. Es gibt für mich nichts Schöneres, als zu sehen, wie eine solch geschundene Kreatur wieder Mut findet, am Leben teil zu nehmen.
Nach dem überraschenden Tod meiner Mutter durfte ich Dank meiner Freundin Bianca für einige Tage eine notwendige und erholsame Auszeit nehmen. Und in der Zeit, als ich „ausgezogen“ war, ist Pelle ins Haus eingezogen! Bianca hatte nicht gewusst, dass sichPelle bis dahin nur im Garten aufgehalten hatte und war erstaunt über meine ungläubigen Augen, als ich Pelle bei meiner Rückkehr im Hundekorb liegen sah.
Sein Blick hatte ich völlig verändert, wenn er mich anschaute. Stück für Stück machte er kleine Fortschritte.
Da erreichte uns der Anruf einer Dame, die von Pelle im Internet gelesen hatte und ihm gerne ein Zuhause geben wollte.
Wir hatten nicht damit gerechnet, dass sich jemand für Pelle interessieren würde. Dass er noch nicht an ein „normales“ Hundeleben mit Gassigehen usw. gewöhnt war, machte dem Frauchen nichts aus, sie hatte viel Erfahrung mit Hunden, einen Garten, viel Zeit und Geduld. Es war DIE Chance für unseren Pelle.
Sie besuchte Pelle einige Male bei uns. Er beäugte sie aus der Sicherheit seines Körbchens. Dann kam der Tag des Umzugs in der Transportbox. Die neue ländliche Umgebung war ideal für den scheuen Hund. Für alle Fälle wurde er mit einem GPS-Gerätausgestattet,denn undichte Stellen im Garten würde er sofort aufspüren. Wir standen in täglichem Kontakt, auf Rat folgte Tat, aber alles nützte nichts. Nach einer Woche musste ich Pelle wieder abholen. Wenn sein Frauchen anwesend war, verstecke er sich nur unter dem Bett, war sie nicht im Haus, wagte sich Pelle hervor. Ihre körperliche Nähe war einfach zu viel für ihn, er konnte kein Vertrauen fassen.
So kam er zu seinem Rudel zurück, war sofort wieder ganz der Alte und sichtbar glücklich, wieder Bewegung zu haben, denn das Liegen unter dem Bett hatte seinen Mukis nicht gut getan!
Pelle wurde nun immer mutiger und eines Morgens, als ich aufwachte, wollte ich meinen Augen nicht trauen. Pelle lag neben mir im Bett!! Vorsichtig bewegte ich meinen Arm und ließ ihn an meiner Hand schnuppern. Er blieb, und ich durfte sogar sein Gesicht und den Rücken streicheln.
Inzwischen packt Pelle schon am Abend seine Sachen und begleitet mich, wie viele der anderen Hunde, ins Schlafzimmer. Wenn das Bett schon belegt ist, sucht er sich ein freies Körbchen, aber die Kuschelmomente am Morgen lässt er sich nicht nehmen. Wie ein Hund ohne traurige Vergangenheit, kann er sich inzwischen auf den Rücken drehen, mit allen Vieren in der Luft strampeln und mir die Geschichte von seinem neuen Leben erzählen. Von diesem Leben hatte Pelle sicher nicht einmal geträumt. Für mich sind das die Augen- blicke, die mich so glücklich machen. Diese Liebe ist unbezahlbar. Leider können wir bei dem Leid, dem Tiere in zunehmendem Maß ausgesetzt sind, wenig helfen, aber für Wenige ändert sich viel. Übrigens hat Pelle nie versucht, mich oder andere zu beißen, egal ob er unter die Dusche musste oder vom Tierarzt untersucht wurde. Aus dem damals abgemagerten Häufchen Elend ist ein nicht gerade kleines Dickerchen geworden, sportlich dazu, wenn er auf die Arbeitsplatte klettert, um an die vorbereiteten Futternäpfe heran zu kommen. So holt Pelle nun seine Flegeljahre nach, die ihm als jungem Hund geraubt worden waren. Wahrhaftig ein kleines Wunder!
Pelle im Hundeglück: Wo ist der Ball??
Lebenslauf von unserem Pelle
Weihnachtsbrief Tierpflegenest Backnang.[...]
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