Ifestos Geschichte

Ein dumpfer Schlag, ein Aufjaulen wegen meiner Schmerzen, keine Bremsen, die quietschten, man gibt weiter Gas als wäre nichts gewesen.
 
Da lag ich nun halb unter Schock . Eine Frau hatte es beobachtet und ging auf mich zu um mir zu helfen. Aber trotz meines Schocks rannte ich davon, denn ich
hatte Angst vor Menschen, ich traute ihnen einfach nicht mehr.

Ich flüchtete auf einen LKW-Schrottplatz, lag mitten im Dreck und zog meine gelähmten Hinterbeine hinter
mir her. Sie hatte mich beobachtet und stellte mir täglich was zum Fressen hin.

Ich traute mich nur aus den Blechteilen heraus, wenn niemand mehr zu hören und zu sehen ist.

 

Ich brauchte dringend Hilfe, aber keiner konnte mir
helfen, weil ich so misstrauisch geworden war. Es wurde die Tierschützerin Vasso informiert, dass ich mich schon seit längerer Zeit auf einem Schrottplatz befände und mich gelähmten Hund keiner einfangen konnte.

Auch sie schaffte es über viele Wochen nicht und so
war ich trotz meiner Behinderung immer auf mich alleine gestellt. Ich hatte das Glück, dass sie mir Futter und Wasser hingestellt haben, damit ich nicht verdurste oder
verhungere.
 
Irgendwann haben sie das Füttern eingestellt und ich hatte so viel Hunger, dass sie es mit mehreren Menschen geschafft haben mich einzufangen.
 
Man brachte mich in eine Tierklinik um mich zu untersuchen. Ich hatte immer diese furchtbare Angst, dass sie mich einschläfern lassen. Denn trotz allem Leid möchte ich Leben, meine Zeit ist trotz des Unfalls noch nicht abgelaufen.
 
Ich wog statt ca. 18 Kg gerade mal 12 Kg und davon hing 1 Kg Zecken an mir dran. Mühevoll befreiten sie mich von diesen Parasiten und machten viele Untersuchungen um zu schauen, ob man mir helfen kann.
 
Die Diagnose war sehr schlecht: meine Wirbelsäule wurde durch den Unfall so stark geschädigt, dass ich für immer meine Hinterbeine nicht mehr bewegen kann.

Vasso schaffte es nicht mich töten zu lassen und ich
bin ihr so dankbar dafür, dass sie mich nicht aufgegeben hatte. Sie hatte in meine bittenden Augen geschaut und wollte alles dafür tun, damit es mir in Zukunft besser ging.

Aber weder Tierheime noch Pensionen waren bereit so einen pflegeaufwändigen Hund aufzunehmen. So kam ich wieder in die Tierklinik bis sich hoffentlich eine bessere Lösung für mich findet.

Ich hatte Glück und durfte ins Tierpflegenest Backnang

Mein jetziges Frauchen hatte lange hin und her
überlegt, ob sie es auch schafft, denn sie hatte ja noch nie einen Hund der gelähmt war und sie wusste auch, dass ich sehr ängstlich und misstrauisch war und vielleicht auch schnappen konnte, wenn ich zuviel Angst hätte.
 
Mit ängstlichen Hunden hatte sie kein Problem. Sie wusste, wenn man uns die Zeit lässt und genügend Geduld hat, können wir genauso lebensfroh sein wie ein Hund mit guter Vergangenheit.
 
Als wir uns das erste Mal in die Augen sahen, wollte
ich ihr am liebsten sagen, lass mich einfach in Ruhe, von euch Menschen habe ich genug, ihr habt mir schon mein ganzes kurzes Leben schwer gemacht, und nun sitze ich als Krüppel neben dir.

Leider hat sie mich nicht in Ruhe gelassen, denn sie hatte mich in die Dusche gesetzt um mir die Kotreste
herunter zu waschen. Aber sie war ganz behutsam mit mir, dass ich ihr zum Schluss die Hände abgeschleckt habe.

Sie setzte mich in ein Zimmer wo viele Kuscheldecken
lagen und gab mir Futter und Wasser. Immer wieder ging sie an meine Füße um sie zu streicheln. Dann bemerkte sie, dass ich kitzelig war, da ich meine Zehen etwas bewegte. Sie machte mir an meinen aufgeschleiften Beinen einen Wundverband hin und schaute jede Stunde nach mir.

Immer versuchte sie mich an meinen Beinen zu kitzeln,
redete mir gut zu und ich wollte eigentlich nur eins: sie soll mich in Ruhe lassen, ich hatte einfach Angst vor Menschen.

Es wurde langsam warm, da legte sie im Garten ganz viele Decken aus und machte einen Zaun drum herum, sodass ich mich etwas sonnen konnte und nicht gleich davonrennen konnte mit meinen 2 Vorderfüßen.

Jeden Tag machte sie mehrmals Streck- und Dehnübungen und massierte mir mit einer Bürste die gelähmten Beine. Ich bekam immer mehr Gefühl. Sie waren gar nicht so taub wie man immer glaubte.

Das Größte war, als sie im Garten einen kleinen Pool aufbaute. Und der war nicht für sie gedacht sondern für mich. Es wurde Sommer und das Wasser im Pool war nicht mehr kalt. Da ich ja immer noch Angst hatte, überlegte sie wie wir gemeinsam ins Wasser kommen, ohne dass ich davon Schaden nehme.
 
Da ich auch große Angst vor Halsband und Geschirr hatte, nahm sie mich einfach in den Arm und balancierte mit mir die Leiter hoch, und wir gingen zusammen ins Wasser. Ich hatte eine Riesenangst, denn ich konnte doch nicht mit 2 Beinen schwimmen. Ich strampelte wie wild mit meinen

Vorderbeinen, aber sie hat mich am Bauch unterstützt, so dass ich nicht untergehen konnte.

Mehrmals täglich ging sie mit mir ins Wasser, ich
hatte überhaupt keine Freude an dem Ganzen, ich will und kann nicht schwimmen. Aber sie blieb hartnäckig, sie wollte nichts unversucht lassen. Und es dauerte gar nicht mehr so lange, da bewegte auch ich meine Hinterbeine im Wasser. Alles etwas unkontrolliert, aber sie hingen nicht mehr schlapp herunter.
 
Jeden Tag machte ich kleine Fortschritte, und ich versuchte mich immer mehr hochzuziehen. Manchmal konnte ich auf allen vier Beinen über eine Minute stehen, es kostete mich sehr viel Kraft und Anstrengung, aber ich habe es geschafft auf allen Vieren zu stehen.

Ich versuchte dann auch zu laufen, es war und ist sehr
schwer einen Fuß vor den anderen zu setzen, aber Übung macht ja den Meister.
Damit ich in aller Ruhe üben konnte auf weichem Gras, gingen wir zu den Katzen, wo die anderen Hunden nicht toben konnten. Ich begleitete sie immer bei der Fütterung der anderen Tiere und lernte meine Füße einzusetzen.

Ich habe sie damit so glücklich gemacht, das ich es
doch versucht habe. Mein Misstrauen zu ihr habe ich schon lange abgelegt.

Denn irgendwann legte sie neben meinen Schlafplatz
eine Matratze hin und ich dachte noch: nobel, da werde ich heute Nacht ja richtig gut schlafen. Stattdessen legte sie ihre Kissen drauf, und mir blieb nichts anderes übrig sie die ganze Nacht zu beobachten, aber sie machte gar nichts, kein Streicheln und kein gutes Zusprechen. Nach der zweiten Nacht schauten wir uns morgens verschlafen in die Augen und sie lächelte mich an. Von dem Tag an hatte ich sie ins Herz geschlossen.

 

Dann durfte ich auch zu den anderen Hunden, sie
kannten mich schon alle über den Blickkontakt vom Kindergitter. Lange Zeit war ich stumm und konnte nicht
bellen, es gab auch schon lange nichts mehr zu sagen, und heute nennen sie mich“

Bruttler „..

Das liegt daran, weil ich gerne der Hundechef wäre und
ich muss ja mit der Stimme versuchen mich durchzusetzen. Nur mein Stur- und Eigensinn gaben mir die Kraft so lange auf dem LKW-Schrottplatz durchzuhalten.
Ich kann heute immer noch nicht rennen, aber wenn ich mich anstrenge und langsam laufe, setzt ich einen Fuß vor den anderen.
 
 
Eins habe ich gelernt: dass man trotz dieses Handicaps so viel Lebensfreude haben kann. Im Prinzip habe ich heute
davon mehr als in der Vergangenheit. Ich habe auch vor anderen Menschen keine Angst mehr. Ich lasse mich gerne von streichelnden Händen verwöhnen und verbiege mich dabei in alle Richtungen.
 
Damit auch ich durch den Garten toben kann, hatten sie mir einen Rollstuhl gemacht. Aber dann bekam ich wieder

panische Angst. Es war dann so schlimm, dass ich sogar pinkel und sch...., nach mehreren Versuchen haben sie eingesehen, dass ich mich lieber selbst bemühe und diese Räder mich dabei nur behindern.



Zum Abschluss möchte ich nur sagen, dass es sich für jeden lohnt mit einem Handicap zu leben. Vielleicht kann
ich Menschen Mut machen, denen es so erging wie mir und ihre Lebensfreude verloren haben. Ich habe Menschenfreunde gewonnen, sie sind immer für mich da
und unterstützen mich dabei. Ich lebe nicht in Selbstmitleid und bin Stolz auf mich selbst, dass ich diese Hilfe auch angenommen habe.

Euer Ifestos

Über 5 Jahre lebte Ifestos bei uns, es war mein
kleiner Bruttler und ein wahrer Kämpfer, der sich von niemanden hat unterkriegen lassen. Ein Herzensbrecher, mein Liebling, der so viel Charme versprühte. Leider bekam er an der gebrochenen Wirbelsäule einen bösartigen
Tumor, der sehr schnell wuchs :-( In meinen Armen ist er gestorben und es ist immer der schwerste Moment, wenn der Tod einem gegenüber steht.

 

Ich liebe ihn so sehr!!!!!!!!